Liebe Leser:innen,
was für ein Zeichen hat der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil am 4.10. gesetzt – in einer Zeit, in der Menschenrecht und Völkerrecht weltweit immer mehr unter Druck geraten: Die bisher getroffenen Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko sind in der besetzten Westsahara nicht rechtens und müssen nun innerhalb eines Jahres gekündigt werden.
Vorangegangen war eine Entwicklung, während der die USA und immer mehr europäische Länder vom UNO-Fahrplan für den Westsaharakonflikt abgewichen waren. Denn dieser folgt dem völkerrechtlich verbrieften Recht der Selbstbestimmung für die Sahrauis.
Die Besatzungsmacht Marokko dagegen will den Sahrauis maximal etwas Autonomie zugestehen. Marokko, für Europa immer wichtiger für die Migrationskontrolle und als künftiger Lieferant von grünem Wasserstoff, hatte zuletzt aus Deutschland, Spanien und nun auch Frankreich freundliche Signale erhalten. Zuletzt hatte Macron dem König geschrieben, dass man nun in dessen „Autonomieplan“ für die Westsahara „die einzige Basis“ für eine „dauerhafte und gerechte Lösung“ sehe. Mit dem Urteil des EuGH haben sowohl Marokko wie seine europäischen Freunde einen deutlichen Dämpfer erhalten.
Doch das Urteil ist auch in einer zweiten Hinsicht ein Lichtblick. Die Unabhängigkeit der Justiz lebt. Der EuGH hat sich von Rat und Kommission nicht beeindrucken lassen, die die vorrangegangene Urteile zugunsten der Sahrauis nicht akzeptieren wollten und daher in Revision gegangen waren. Der ungestörte Handel mit Marokko hat also keinen Vorrang vor dem Völkerrecht.
Wir freuen uns mit unseren Projektpartnern aus der Westsahara, die seit Jahrzehnten für die Entkolonisierung ihres Landes kämpfen. Und wir fordern die Politik in Europa auf, sich unverzüglich mit den Vertretern der Sahrauis an einen Tisch zu setzen, um eine Lösung des Westsaharakonfliktes im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes der Sahrauis zu erzielen.
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